Am 16. November 2022 übergab der Bezirksvorsteher des Kirchenbezirkes Karlsruhe, Lothar Heim, eine Spende von 5000.-€ an Frau Jasmin Sahin, die Geschäftsführerin des LERNFREUNDE Hauses in Karlsruhe. Eine Glaubensschwester aus Karlsruhe-Neureut, Conny Laier, die als freiwillige Helferin dort arbeitet, gab dazu den Anlass.
Conny Laier, eine Glaubensschwester arbeitet seit einiger Zeit als ehrenamtliche Helferin beim LERNFREUNDE Haus. Als sie sah, wie viele Kinder hier betreut werden und wie wenige Mittel dafür zur Verfügung stehen, hat sie bei ‚human aktiv‘, der Hilfsorganisation der NAK-Süddeutschland nachgefragt, ob sie das Projekt mit einer Spende unterstützen könne. Nach einigen Beratungen wurden 5000.-€ dafür bewilligt.
Das gemeinnützige Kinderhilfswerk UNESON wurde 2010 von Jasmin Sahin gegründet mit dem Ziel Flüchtlingskinder und Jugendliche unterschiedlichster Herkunft durch kreative Projekte zusammenzubringen. Seit 2014 stehen Flüchtlinge im Vordergrund die in die Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) nach Karlsruhe kommen. Durch die Flüchtlingswelle 2015 und neuerdings durch die Ukraine-Flüchtlinge ist UNESON und speziell das LERNFREUNDE Haus zu einer wichtigen Hilfseinrichtung für Flüchtlingskinder geworden. Zwischen 20 und 40 Kinder werden dort jeden Tag betreut und kreativ beschäftigt.
Das LERNFREUNDE Haus, Gebäude Nr. 70.13 im Campus Ost des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) ist ein Glückstreffer für das Hilfswerk. Das Gebäude ist Teil einer ehemaligen Kaserne und steht unter Denkmalschutz. Für das KIT würde es einen unverhältnismäßig hohen finanziellen Aufwand bedeuten, es so umzugestalten und zu modernisieren, dass es deren Anforderungen erfüllt. So konnte es zum LERNFREUNDE Haus werden und ist auch jeden Tag sehr gut besucht und genutzt und es wuselt dort wie in einem Bienenstock.
Der Tag beginnt mit einem „Morgenkreis“ im ‚Kaminzimmer‘. Ein Teil der Kinder wird mit einem gesponsorten Kleinbus von der LEA abgeholt, der andere wird von den Eltern direkt im LERNFREUNDE Haus abgeliefert. Die Kinder setzen sich im ‚Kaminzimmer‘ im Kreis auf den großen Teppich. Nach einem vorgegebenen Ritual werden nun Lieder gesungen, Gesten und Handbewegungen vorgeführt und in die Hände geklatscht, bis zu dem gemeinsamen Gruß: „Guten Morgen“. Dieser Gruß wird von allen Kindern in verschiedenen Sprachen gesprochen. An der Wand hängen große Zettel auf denen der Gruß in der Landessprache geschrieben steht. Die Zahl der Länder aus denen Flüchtlingskinder ins LERNFREUNDE Haus kommen bzw. schon waren auf 17 angestiegen (Serbien, Kroatien, Syrien, Afghanistan, Ghana, und andere). Als bisher letzte Sprache ist Ukrainisch dazu gekommen. Alle fassen sich an der Hand und begrüßen sich in allen vertretenen Sprachen. Das stärkt die Gemeinschaft, auch wenn man die Sprache des anderen nicht verstanden wird.
Nach der Begrüßungszeremonie folgt ein gemeinsames Frühstück im Speisesaal. Danach werden die Kinder altersgerecht in Gruppen aufgeteilt und begeben sich in die Bildungsräume. Im ‚Großen Bildungsraum‘ finden bis zu 25 Kinder Platz. Dort werden in anschaulicher Form die Grundbegriffe der Deutschen Sprache vermittelt. Zum Beispiel hängen an der Tafel Bilder von Obst oder anderen Gegenstände mit den deutschen Namen darunter und alle sprechen im Chor und lesen das Wort vor: „Banane“. Auch Zahlen und Buchstaben werden so erlernt. Auf diese Art lernen die Kinder schnell die wichtigsten Dinge in Deutsch zu benennen.
Die älteren und schon fortgeschritteneren Kinder bekommen grundlegendes aus der Deutschen Grammatik beigebracht. Dies geschieht in kleineren Gruppen (bis zu 15) und findet im ‚Kleinen Bildungsraum‘ statt.
Eine andere Gruppe geht in die ‚Werkstatt‘. Dort sind in der Mitte vier Werktische zusammengestellt und es gibt verschiedene Materialien und entsprechendes Werkzeug zur Bearbeitung. Ehrenamtliche Helfer bereiten jeden Tag ein Projekt vor, das von den Kindern bearbeitet wird. An diesem Tag wurden Holzdrachen gebastelt. Für diese Arbeit muss man die Sprache nicht verstehen, die zur Bearbeitung notwendigen Handgriffe werden gezeigt und man kann sie nachmachen.
Um 13:00 Uhr gibt es Mittagessen im ‚Speisesaal‘. Das Essen wurde zuvor von ehrenamtlichen Helferinnen zubereitet. „Wenn es nach den Kindern ginge, gäbe es jeden Tag Pizza oder Nudeln“, so ein Mitarbeiter, „aber jetzt kochen zum Teil ukrainische Eltern ukrainische Gerichte, das schmeckt den Kindern auch ganz gut“. Es wird im Wesentlichen vegetarisch gekocht, denn viele essen kein Schweinefleisch.
Für den Nachmittag werden sehr unterschiedliche Aktivitäten angeboten. Da ist zunächst der ‚Kunstraum‘, in dem die Kinder frei nach ihren Vorstellungen malen dürfen. In der Mitte steht ein großer Maltisch, auf der einen Seite steht das „Farbenklavier“ mit einer Pinnwand und auf der anderen Seite sind die Farben und Pinsel untergebracht. Jeden Montag kommen 2 ehrenamtliche Künstlerinnen die mit zirka 10 Kindern jeweils ein Kunstprojekt realisieren. Am Freitag kommt auch eine Kunst-Therapeutin. Oberstes Gebot: die Kinder dürfen malen was sie wollen, ohne Bewertung oder Beurteilung der Erwachsenen.
Eine wichtige Einrichtung ist die ‚Bibliothek‘, ein kleiner Raum mit ganz vielen Büchern, mit einer reichhaltigen Spielesammlung und interessanten Spielzeugen. Die ‚Bibliothek‘ ist sehr gemütlich eingerichtet mit Sofa, Sesseln und Leseecken.
Es gibt auch ein ‚Therapiezimmer‘. Hier können hinter geschlossener Tür Einzelgespräche mit einem Kind geführt werden. Das ist bei besonderen Sorgen eines Kindes, bei einer Traumabewältigung oder bei verhaltensauffälligen Störungen manchmal erforderlich. Der Raum ist besonders kuschelig eingerichtet mit Matratzen und vielen Kuscheltieren.
Generell fällt auf, dass im ganzen Haus viele Kuscheltiere zu finden sind, zum Teil auch ziemlich große. Die Kuscheltiere werden auch immer wieder in die Tagesabläufe mit integriert und so von den Kindern auch schätzen und lieben gelernt. Die Mitarbeiter berichten, dass die Kuscheltiere auch von den älteren Kindern gern angenommen werden. „Da kann man selbst 14jährige Kinder sehen, die mit einem großen Bären eng umschlungen kuscheln“.
Es gibt auch einen ‚Multifunktionsraum‘, der sehr flexibel und schnell umgestaltet werden kann. Einmal wird er als Festsaal genutzt, ein anderes mal als Seminarraum, die meiste Zeit jedoch wird er als Wirtschaftsraum genutzt, um Wäsche zu trocknen oder zu bügeln.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des LERNFREUNDE Hauses ist die ‚Kleiderkammer‘. Immer wieder wird zu Kleiderspenden aufgerufen, entweder in Schulen oder in Zeitungsanzeigen. Es kommen täglich Leute vorbei und geben ihre gebrauchten Kleider und Schuhe bei UNESON ab. Dort werden sie sortiert, nach Größen geordnet und in die verschiedenen Räume gehängt. Dafür eignen sich die Kellerräume des Gebäudes hervorragend. Links und rechts an den Wänden und auch in der Mitte sind Kleiderstangen befestigt, an denen man die Kleider bequem durchblättern kann. Da gibt es einen separaten Bereich für Mädchen, für Jungen, für Frauen- und auch für Männer-Kleidung. Aktuell ist Herbst- und Winterkleidung angesagt, im Frühjahr wird dann die Sommerkleidung ausgehängt. Besonders eindrucksvoll ist der Bereich für gebrauchte Schuhe. In einfachen, provisorischen Schuhregalen sind sie fein säuberlich ausgestellt, von den kleinsten Kinderschuhen bis zu Erwachsenenschuhen.
Vor kurzem hat sogar der KSC (Karlsruher Sport Club) zu Kleiderspenden für UNESON aufgerufen und an 3 Terminen eine riesige Menge an aussortierten und gut erhaltenen Kleidern und Schuhe eingesammelt. Die Spender wurden mit einer Freikarte für ein Heimspiel des KSC belohnt.
Die soziale Kleiderkammer steht allen Bedürftigen aus der Umgebung offen, nicht nur Flüchtlingsfamilien. Sie können kommen und sich passende Kleidung oder Schuhe aussuchen, die ihnen gefallen. Die Sachen werden kostenlos abgegeben.
Das geordnete Sortiment ist natürlich sehr arbeitsaufwendig. Es gibt einen Flur im Keller, in dem nichts anderes geschieht, als die Sortierung und Aufarbeitung der gespendeten Kleider. Dazu sind sehr viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer erforderlich.
Das LERNFREUNDE Haus ist eine rein Spenden finanzierte Einrichtung die durch eine sehr große Anzahl an Ehrenamtlichen am Leben gehalten wird. Auch die Geschäftsführerin Jasmin Sahin arbeitet ehrenamtlich. Aktuell gibt es nur zwei Personen die einen befristeten Arbeitsvertrag haben. Selbst die Leiterin des Hauses ist überwältigt von der tatkräftigen Unterstützung durch freiwillige Helferinnen und Helfer. Insgesamt arbeiten ca. 100 Freiwillige mit unterschiedlich hohem Einsatz und unterschiedlichen Aufgaben im LERNFREUNDE Haus. „Ohne diese vielen engagierten, freiwilligen Mitarbeiter könnte dieses Haus nicht existieren“, so Jasmin Sahin, „ich bin so dankbar und glücklich, dass sich bei diesem Projekt so viele Menschen einbringen und mitmachen“.
Das LERNFREUNDE Haus ist ununterbrochen auf der Suche nach weiteren Mitarbeitern. Das betrifft sehr viele Bereiche, es beginnt bei dem Fahrdienst für die Kinder, das Sortieren und Ordnen und die Ausgabe der Kleider. Besonders im pädagogischen Bereich besteht ein großer Bedarf an Lehrkräften und Betreuern. Es werden Leute gebraucht für die Werkstatt, für die Küche, für die Wäsche und für das Saubermachen. In allen Bereichen können sich gerne noch ehrenamtlich Helfer melden.
Für die geflüchteten Familien ist dieses LERNFREUNDE Haus wie ein vorübergehendes Zuhause, wo sie zusammenkommen und sich mit anderen Betroffenen treffen können.